In meinem Job ist es wichtig, unterscheiden zu können, wann eine Existenzangst so überhand nimmt, als dass man von einer Angststörung sprechen kann. In diesem Fall ist eine fachärztliche oder psychotherapeutische Behandlung angemessen.
Diesen Unterschied mache ich grob aus, indem ich mir ein Bild über Dauer und Ausmaß der Existenzangst mache. Je einschränkender die Angst, desto wahrscheinlicher ist eine psychiatrische Grunderkrankung. Angststörungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie über einen langen Zeitraum mehr und mehr Bereiche deines Lebens einnehmen und dich stark einschränken.
Kann man eine Existenzangst immer klar von einer Angststörung abgrenzen?

Nein, sicherlich nicht. Die Übergänge sind fließend und letztlich kann sich eine Existenzangst auch zu einer Angststörung entwickeln. Das gilt gerade dann, wenn man der Angst nicht entgegenwirkt.
Dabei sagt der Grad der empfundenen Belastung nur bedingt etwas über die richtige Einordnung aus. Existenzangst kann durchaus als stark belastend empfunden werden, ohne dabei die Kriterien einer Angststörung zu erfüllen.
Kennzeichen einer Angststörung wäre beispielsweise, dass die Ängste, die empfunden werden, häufig in keinem Verhältnis zur Realität stehen. Existenzangst hingegen hat in aller Regel einen Auslöser. Dann geht es darum, zu schauen, wie man den Fokus wieder auf lösungsorientierte Sichtweisen lenken kann. Eine Angststörung hingegen bedarf oft gar keiner äußeren Problemlösung an sich. Hier richtet sich der Lösungsansatz eher nach innen auf die Person selbst.
Symptome von Existenzangst vs. Symptome einer Angststörung
Gehen wir näher auf die möglichen Symptome beider Angstformen ein, stellen wir schnell fest, dass sie sich in vielen Bereichen stark ähneln. Dafür aber unterscheiden sie sich in anderen Bereichen deutlich. In meinem Artikel über Existenzangst habe ich die Symptome einer nicht psychiatrischen Erkrankung bereits kurz angerissen. Im folgenden Abschnitt gehe ich noch einmal genauer auf die einzelnen Punkte ein.
Symptome Existenzangst ohne zugrunde liegende Angststörung:
- Innere Unruhe / Rastlosigkeit: Das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Es gibt viele Menschen, die bei ängstlichen Empfindungen ständig in Bewegung sind. Das kann hin- und herlaufen sein, aber genauso auch das nervöse Wippen mit dem Bein. Innere Unruhe zeigt sich beispielsweise durch eine Art inneres Beben. Gerade abends im Bett, wenn wir zur Ruhe kommen wollen, können sich solche Erscheinungen bemerkbar machen.
- Hohe emotionale Anspannung: Wer kennt dieses Gefühl nicht? Der Tag war lang, stressig und nervenaufreibend. Zum krönenden Abschluss fällt einem dann zu Hause noch die Saftflasche aus der Hand und landet auf dem Fußboden. Ein Missgeschick, dass uns normalerweise einen genervten Augendreher wert ist. Wenn wir emotional aber sehr angespannt sind (wie zum Beispiel nach einem anstrengenden Tag), bringt die Saftflasche das Fass zum Überlaufen. Wir fluchen und ärgern uns. Existenzangst kann denselben Effekt wie ein anstrengender Tag haben – sie laugt uns aus und macht uns dünnhäutig.
Symptome, die das Umfeld betreffen

- Gereiztheit: Auch hier gilt dasselbe wie bei der emotionalen Anspannung. Wir sind verwundbarer, wenn uns Angst belastet. Deshalb reagieren wir auf Dinge, die uns sonst relativ kalt lassen, plötzlich sehr gereizt. Das wirkt sich stark auf die Umwelt aus und kann dazu führen, dass Menschen sich abwenden – vor allem dann, wenn sie die Gründe für die Gereiztheit nicht kennen und verstehen.
- Sozialer Rückzug: Angst hat eine Eigenart: Sie treibt uns an, Dinge zu tun, die uns nicht gut tun oder gar helfen. Sozialer Rückzug von Freunden und Familie ist eine Möglichkeit. Normalerweise sprechen wir über unsere Probleme oder versuchen uns abzulenken. Wenn uns die Angst aber richtig im Griff hat, neigen wir dazu, uns zu verkriechen – teilweise sogar wider besseres Wissen. Gute Freunde oder eine eng verbundene Familie kann hier sehr hilfreich sein, denn häufig erkennen sie das Problem und lassen den Rückzug nicht zu. Aber auch die umgekehrte Variante ist möglich; nämlich, dass Menschen aus dem sozialen Umfeld sich ebenfalls zurückziehen, weil sie das Verhalten des Betroffenen nicht einordnen können.
Psychosomatische Symptome

- Körperliche Beschwerden: Hierzu zählen alle Beschwerden, für dich sich keine organische Ursache finden lässt. Verbreitete psychosomatische Symptome von Zukunftsängsten sind Kopfschmerzen, Herzrasen, Verdauungsbeschwerden, hoher Blutdruck, Muskelverspannungen und Schmerzen verschiedener Art. Diese Symptome sind nicht eingebildet, sondern sie sind tatsächlich vorhanden. Nur ist die Ursache eben eine seelische und keine körperliche.
Auswirkungen und Ursachen
- Konzentrationsprobleme: Angst hat ein äußerst einnehmendes Wesen. Und das macht auch vor deinen Gedanken nicht Halt. Das Problem ist, dass dein Geist nur begrenzte Kapazitäten hat und wenn die Angst weite Teile deines Geistes belegt, bleibt nicht mehr so viel Platz für andere wichtige Dinge deines Alltags. Eine weitere Ursache für Konzentrationsprobleme kann auch Schlafmangel sein. Gerade Angst sorgt dafür, dass wir viel grübeln und nachdenken und genau das hält uns vom Schlafen ab. Ohne genug Schlaf fällt aber die Konzentration auch schwer.
- Depressive Verstimmungen: Hier ist der Unterschied zwischen einer depressiven Verstimmung und einer Depression wichtig. Die depressive Verstimmung hat in aller Regel keine biochemischen Ursachen, sondern wird durch äußere Umstände hervorgerufen. Auch die Intensität der Symptome ist nicht so ausgeprägt wie bei einer Depression.
- Äußere Auslöser: Bei der nicht krankhaften Existenzangst liegt in aller Regel ein äußerer Auslöser vor. Menschen, die eigentlich nicht zu Ängsten neigen, finden sich plötzlich in einer Spirale aus Angst und Sorgen wieder.
- Die Angst ist nicht allumfassend: Es gibt Phasen während deines Tages, während derer du nicht permanent über deine Zukunftsangst nachdenken musst. Du bist noch in der Lage, dich abzulenken oder deine Arbeit zu erledigen. Dein Alltag ist also nicht massiv eingeschränkt durch die Existenzangst.
Symptome einer Angststörung im Vergleich dazu
Im Grunde treffen hier alle oben genannten Faktoren ebenso zu – bis auf die beiden letzten Punkte. Hier zeigen sich die entscheidenden Unterschiede zwischen Erkrankung und „normaler“ Existenzangst.

- Keine äußeren Auslöser: Bei einer Angsterkrankung basiert die Existenzangst nicht auf realen Bedrohungen. Betroffene befassen sich regelrecht zwanghaft mit allen möglichen Szenarien, die ihren persönlichen Ruin betreffen. Oft reichen bereits äußere Trigger wie beispielsweise eine Dokumentation über Armut aus, um massive Angstzustände zu erleben. Für Außenstehende wirkt die Angst völlig irrational und tatsächlich steht sie in keinem Verhältnis zu der realen Lebenssituation des Betroffenen.
- Die Existenzangst hat die Alleinherrschaft: Das bedeutet, dass kein Detail deines Tages mehr ohne sie abläuft. Du bist nicht mehr in der Lage, deine Arbeit vernünftig zu erledigen, hast kein Interesse mehr an dem Leben deiner Freunde und bist im großen und ganzen mit dir und deiner Angst beschäftigt. Ablenkungen funktionieren nicht mehr und steuern kannst du deine Gedanken auch schon lange nicht mehr.
- Die Symptome bestehen dauerhaft: Als letzter wichtiger Faktor zur Unterscheidung ist hier definitiv die Dauer deiner Beschwerden zu nennen. Die Symptome einer Angsterkrankung bestehen über einen langen Zeitraum konstant. Hier geht es nicht um Tage oder wenige Wochen, sondern um Monate, manchmal sogar Jahre. Dabei ist zwar nicht jeder Tag gleich schlimm, aber es gibt auch kaum einen Tag, an dem dich die Angst komplett in Ruhe lässt.
Wenn du dich noch intensiver mit der Thematik der Angsterkrankungen auseinandersetzen möchtest, empfehle ich dir zum Einstieg diesen Artikel der Patienteninformation des ÄZQ.
Was kann ich denn gegen die Existenzangst tun?

Nachdem du nun die Unterscheidung der beiden Angstformen gelesen hast, kannst du sicherlich selbst schon gut einschätzen, ob auf dich eher die Existenzangst oder eine Angststörung zutrifft. Abhängig von dieser Unterscheidung solltest du handeln.
Falls du den Verdacht hast, dass bei dir eine Angststörung vorliegt, solltest du zuerst zu deinem Hausarzt gehen und mit ihm darüber sprechen. Er kann mit dir die weiteren Schritte besprechen.
Wenn du zu dem Schluss kommst, dass eine Angsterkrankung eher unwahrscheinlich ist und du erst einmal versuchen möchtest, selbst etwas gegen die Existenzangst zu unternehmen, empfehle ich dir, meinen Artikel Existenzangst besiegen in fünf einfachen Schritten. Hier findest du ein Trainingskonzept, das ich in meiner täglichen Arbeit häufig erfolgreich nutzen kann.
Alternativ kannst du dich auch persönlich an mich wenden und einen Termin zur individuellen Beratung vereinbaren, damit wir gemeinsam gegen deine Existenzangst ins Feld ziehen. Verwende hierzu einfach das Kontaktformular.