„Diese Beziehung macht mich krank!“, „Mein Partner macht mich krank!“ Gerade in der Arbeit mit Paaren höre ich solche Sätze immer wieder. Und genauso oft erlebe ich, dass diese Paare dennoch keine Lösung für sich finden. Ihnen ist bewusst, dass ihre Beziehung kräftezehrend und schädlich ist – für eine Veränderung fehlt jedoch der Mut oder die Kraft. Dabei gibt es die vielfältigsten Wege und die bedeuten nicht zwingend eine Trennung. Wie du toxische Beziehungen erkennst und welche Möglichkeiten der Hilfe es gibt, wenn du das Gefühl hast, dass der Partner dich krank macht, erfährst du in diesem Artikel.
Woran du eine toxische Beziehung erkennen kannst

Beginnen wir aber zunächst damit, woran du überhaupt erkennen kannst, dass du in einer toxischen Beziehung steckst. Eine einheitliche Definition, was eine toxische Beziehung ist, gibt es zwar nicht. Dennoch geben verschiedene allgemein anwendbare Faktoren durchaus einen Hinweis darauf, ob es sich um eine für dich schädliche Beziehung handelt oder nicht.
Wenn emotionale Misshandlung des Partners dich krank macht
Unter emotionaler Misshandlung kann man alles zusammenfassen, was massiven und dauerhaften emotionalen Stress auslöst, der willentlich von einem Partner herbeigeführt wird.
So berichtete mir im Rahmen einer Beratung beispielsweise eine junge Frau, dass ihr Partner sie mehr und mehr in ihren Freiheiten einschränke. Es fing im Kleinen an, als er ihr einige Monate nach Beginn ihrer Beziehung plötzlich verbot, abends allein mit ihren Freundinnen auszugehen. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr „Regeln“ dazu, die sie zu beachten hatte. Sie durfte keine kurzen Röcke mehr tragen, musste immer genau erklären, wohin sie ging und wann sie wiederkommen würde. Der Kontakt zu männlichen Freunden war ihr verboten. Und mehr und mehr unterband der Partner auch den Kontakt zu den Freundinnen. Selbst der Kontakt zur Familie wurde eingeschränkt und teilweise sogar verboten, weil Vorbehalte gegen den Partner bestanden.
Isolation als verstärkender Faktor für toxische Beziehungen

Die Klientin war zum Zeitpunkt unseres Beratungsgesprächs bereits völlig isoliert. Freunde und Familie hatten immer wieder bemerkt, dass die Beziehung der Klientin schädlich für sie war und das natürlich auch angesprochen. Es gab dann zwei Varianten, warum der Kontakt abbrach.
Die eine Möglichkeit war, dass sich insbesondere die Freunde zurückzogen, weil sie nicht verstehen konnten, warum sich meine Klientin nicht von ihrem Partner trennte. Mit jeder neuen Eskalation innerhalb der Beziehung fiel es der Klientin schwerer, zu rechtfertigen, warum sie die Partnerschaft aufrecht erhalten wollte. Parallel dazu sank das Verständnis der Freunde.
Die andere Möglichkeit war, dass der Lebensgefährte meiner Klientin den Kontakt aktiv untersagte, weil insbesondere von Seiten der Familie immer wieder Kritik aufkam. Da sich die Familie jedoch nicht so einfach abschütteln lies wie die Freunde, verbot der Partner meiner Klientin schlicht den Kontakt.
Das Ergebnis war eine völlige Isolation. Es gab keinen Ansprechpartner mehr außerhalb der Beziehung, was der Klientin eine Trennung noch mehr erschwerte. Sie empfand sich selbst als schwach und willenlos. Hinzu kamen dann noch regelmäßige Vorwürfe des Partners, sie sei seiner nicht wert. Das Resultat war, dass meine Klientin letztlich das Gefühl hatte, Glück zu haben, dass es wenigstens noch diesen einen Menschen in ihrem Leben gab. Sie war überzeugt, dass sie selbst Schuld war, dass sich jeder von ihr abwandte. Dieser Prozess war eine Form massiver emotionaler Misshandlung. Wenn der eigene Partner einen derart zermürbt, kann man durchaus davon sprechen, dass er einen krank macht.
Weitere Formen des emotionalen Missbrauchs
Es gibt aber natürlich noch viel mehr Formen von emotionaler Misshandlung. Die Ausprägungen sind so individuell wie die Menschen, die die Misshandlungen ausüben.
Suizidandrohungen und Selbstverletzungen

So kann beispielsweise auch emotionale Erpressung in eine Misshandlung ausarten. Eine bekannte und besonders perfide Form davon sind zum Beispiel Suizidandrohungen oder Selbstverletzungen bei Trennung vom Partner. Keiner von uns möchte schuld sein, wenn der eigene Partner sich etwas antut. In Folge dessen bleiben viele Betroffene lieber in der Beziehung. Das hat dann aber nichts mehr mit Liebe zu tun, sondern ist eine Form des Zwangs.
Eifersucht

Eifersucht ist ein weiterer wichtiger Aspekt emotionaler Gewalt. Denn Eifersucht schränkt den Partner nicht nur in seiner Freiheit ein. Das ständige Misstrauen, das den Betroffenen entgegengebracht wird, führt auch dazu, dass die Betroffenen sich kaum noch losgelöst verhalten können. Jedes Gespräch, jede Handlung ist geprägt von der Frage, ob der Partner darauf eifersüchtig reagieren könnte. Irgendwann verselbstständigt sich dieses Gefühl und es herrscht eine ständige Angst davor, etwas falsch zu machen.
Gaslighting

Auch das sogenannte Gaslighting ist eine Form der emotionalen Misshandlung. Hier werden die Betroffenen durch den Partner regelrecht für verrückt erklärt. Das Erleben von Situationen wird vom Partner maßgeblich angezweifelt und teils manipuliert. So können beispielsweise Erinnerungen an Situationen als an den Haaren herbeigezogen dargestellt werden. Der Partner kann auch Gespräche ansprechen, die in Wahrheit nie stattgefunden haben. Nach und nach verliert der Betroffene dann das Vertrauen in sich selbst und seine eigene Wahrnehmung. Wenn man seiner eigenen Wahrnehmung jedoch nicht mehr trauen kann, macht der Partner den Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes krank – psychisch.
Entzug von Aufmerksamkeit

Eine letzte wichtige Form emotionaler Gewalt kann das Ignorieren des Partners sein. Wir kennen sicherlich alle die Situation, dass man sich gestritten hat und sich dann erst einmal für ein paar Stunden aus dem Weg geht und nicht miteinander spricht. Halten diese Phasen jedoch tage- oder gar wochenlang an, kann man auch hier von einer Form der emotionalen Misshandlung sprechen. Menschen sind soziale Wesen und das Verweigern von Kommunikation entzieht uns Menschen eine wichtige Säule unseres Daseins. Gerade, wenn man zusammen lebt, stellt das Ignorieren des Partners eine enorme Belastung dar. Unser Zuhause sollte ein sicherer Ort für uns sein. Wenn wir aber ständig befürchten müssen, dem anderen über den Weg zu laufen, sind wir auch in einer kontinuierlichen Alarmhaltung. Gerade, wenn dieses Ignorieren des Partners immer wieder gezielt eingesetzt wird, kann man von emotionaler Misshandlung sprechen.
Die Gemeinsamkeit aller Formen emotionaler Misshandlung

Alle diese Arten emotionaler Misshandlung haben eines gemein: Sie schwächen unser Selbstwertgefühl und unser Vertrauen in uns selbst. Und sie führen zu einer gewissen Handlungsunfähigkeit. Obwohl wir spüren, wie wenig uns die Beziehung in dieser Form gut tut, sind wir, je weiter die Situation fortschreitet, immer weniger in der Lage, uns ihr zu entziehen. Ein Teufelskreis beginnt, denn je länger wir in der Beziehung verharren, desto schlechter geht es uns. Aber je schlechter es uns geht, desto weniger Kraft haben wir auch, um die Strapazen einer Trennung in Kauf zu nehmen. Eine solche Beziehung kann, über lange Zeit geführt, zu einer veritablen emotionalen Erschöpfung oder sogar zu einer Erschöpfungsdepression, Panikattacken oder Suchtproblematiken führen.
In dieser Situation sind Freunde und Familie oft der einzige Rettungsanker. Deshalb kann ich nur immer wieder an jeden, der einen Freund oder Angehörigen in einer solchen Lage in seinem Umfeld hat, appellieren, da zu sein. Egal wie frustrierend es ist, zum hundertsten Mal gesagt zu haben, dass der Betroffene sich doch bitte trennen möge – er braucht dich! Also bitte sei da, auch wenn es schwer fällt. Wenn der Partner deinen Freund oder deinen Angehörigen krank macht, braucht er dich am meisten.
Wenn körperliche Misshandlung des Partners dich krank macht

Nachdem wir nun die Komponente des emotionalen Missbrauchs als erstes Warnzeichen einer toxischen Beziehung kennengelernt haben, wenden wir uns dem anderen wichtigen Aspekt zu: Der körperlichen Misshandlung.
Körperliche Gewalt ist gerade gegen Frauen noch immer ein verbreitetes Thema. Einer Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 zufolge hat ungefähr jede vierte Frau in Deutschland bereits häusliche Gewalt erfahren müssen. Dennoch schaffen viele dieser Frauen es nicht, sich von ihrem gewalttätigen Partner zu trennen.
Neben der Gewalt in Form von Schlägen gibt es jedoch noch andere Arten der körperlichen Gewalt. Vergewaltigung, auch in der Partnerschaft, ist zum Beispiel keine Seltenheit. Aber auch Freiheitsberaubung (beispielsweise das Einsperren in der Wohnung) oder der Entzug grundlegender körperlicher Bedürfnisse wie Nahrung oder Hygiene zählen dazu.
Toxische Beziehung – bin ich nun betroffen oder nicht?
Die oben aufgeführten Möglichkeiten sind nicht abschließend. Ob du mit einem toxischen Mann oder einer toxischen Frau zusammenlebst, hängt also nicht davon ab, ob du dich in einer dieser Beschreibungen exakt so wiederfindest. Fakt ist aber, dass die Wahrscheinlichkeit einer toxischen Beziehung immer dann erhöht ist, wenn du spürst, dass dir die Beziehung mehr schlecht als gut tut. Hast du dann noch das Gefühl, dass du nachhaltig geprägt bist, also auch nach einer Trennung noch unter Problemen leiden wirst, die aus der Beziehung heraus entstanden sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass du in einer toxischen Beziehung steckst.
Krank durch eine unglückliche Beziehung

Wenn Klienten mir sagen, dass ihre Beziehung sie krank macht, ist das oft nicht einfach nur metaphorisch gemeint. Psychosomatische Erscheinungen sind bei Stress nicht außergewöhnlich, da anhaltender, negativer Stress das Immunsystem schwächt.
Die Klientin aus meinem Beispiel litt über Wochen hinweg an Kopfschmerzen, die nicht weggehen wollten. Organisch konnte keine Ursache festgestellt werden, so dass nur noch psychische Auslöser in Frage kamen.
Eine Beziehung, die geprägt ist von negativen Emotionen, löst enormen Stress aus und führt somit irgendwann auch zu körperlichen Reaktionen. Die Erscheinungen, die sich dann zeigen können, sind extrem vielfältig und hängen teils auch von genetischen Anlagen ab. Einige leiden unter Schmerzen verschiedenster Art, andere entwickeln Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise chronische Darmentzündungen. Störungen des Magen-Darm-Trakts, erhöhte Anfälligkeit für Infekte oder auch psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angsterkrankungen sind weitere häufige Beispiele für körperliche Reaktionen auf Stress.
Insofern kann dich eine toxische Beziehung im wahrsten Sinne des Wortes langsam vergiften. Wenn der Partner krank macht, schwächt das also nicht nur deine Psyche, sondern tatsächlich auch deinen Körper.
Wenn Beziehungen krank machen – Hilfsmöglichkeiten
Spätestens, wenn du merkst, dass dich deine Beziehung tatsächlich krank macht, solltest du handeln. Es gibt ganz verschiedene Optionen, die helfen können. Die wichtigsten stelle ich dir in diesem Abschnitt vor.
Hilfe bei körperlicher Gewalt
Körperliche Gewalt muss kein Mensch hinnehmen! Und so schwer es vielleicht scheint, sich aus einer solchen Beziehung zu befreien – es ist möglich. Es gibt verschiedene Hilfsorganisationen, die für Opfer von Gewalt zur Verfügung stehen.

Der weisse Ring
So hast du beispielsweise die Möglichkeit, dich an den weissen Ring zu wenden. Das ist ein Verein, der sich dem Schutz von Gewaltopfern widmet und sehr gut vernetzt ist. Dort kannst du dich anonym telefonisch und online beraten lassen, hast aber auch die Möglichkeit, dich in einer Anlaufstelle in deiner Nähe persönlich beraten zu lassen.
Frauenhäuser
Insbesondere für Frauen, die massive Gewalt von ihrem Partner erfahren und die Angst vor Konsequenzen bei einer Trennung haben, sind Frauenhäuser eine gute Option. Frauenhäuser sind teils besonders gesichert, nicht über eine öffentliche Suche auffindbar und teilweise auf unterschiedlichste Bedürfnisse ausgelegt. So stellen körperliche oder geistige Behinderungen, Haustiere oder auch ältere Söhne kein Problem bei einer Aufnahme dar. Hier kannst du dich über Kontakte zu Frauenhäusern in deiner Nähe informieren.
Individuelle Beratung
Brauchst du erst einmal eine individuelle Beratung oder einfach jemanden, der dir zuhört und vielleicht ein paar Denkanstöße gibt, kannst du dich natürlich auch gern an mich wenden. Schreibe mir hierzu einfach eine kurze Nachricht, damit wir einen Termin vereinbaren können.
Hilfe bei emotionaler Gewalt
Auch emotionale Misshandlungen sind schwerwiegend und erfordern ein Handeln. Auch, wenn keine äußerlich sichtbaren Verletzungen vorhanden sind, leidet die Seele der Betroffenen. Teilweise wird das sogar als schlimmer empfunden als die Folgen körperlicher Gewalt.
Auch hier stehen der weisse Ring sowie Frauenhäuser zur Verfügung, wenn der Freundes- und Familienkreis nicht mehr in Frage kommt. Weiterhin hast du auch die Möglichkeit, dich bei einer Familienberatungsstelle in deiner Nähe beraten und begleiten zu lassen. Nutze einfach die Google-Suche, um eine Familienberatung in deinem Umkreis zu finden. Häufig sind diese Einrichtungen kommunal gesteuert und damit für jeden, egal welcher Herkunft oder welcher Glaubenszugehörigkeit, geeignet.
Zuletzt besteht hier ebenfalls die Möglichkeit, Kontakt mit mir aufzunehmen, um ein persönliches Beratungsgespräch oder eine langfristigere Begleitung zu vereinbaren. Schreibe mir dafür über mein Kontaktformular, damit ich mich mit dir in Verbindung setzen kann.
Wenn eine Trennung vorerst nicht in Frage kommt, obwohl der Partner krank macht

Es gibt verschiedenen Möglichkeiten, warum du eine Trennung zunächst vermeiden möchtest. Sei es, dass du und dein Partner ernsthaft versuchen wollt, etwas an eurer Beziehung zu verändern, seien es finanzielle Aspekte oder auch einfach zu große Angst vor einer Trennung.
Neben einer Paarberatung in einer Familienberatungsstelle kommen auch Paartherapien in Frage. Wird dein Partner dir gegenüber immer wieder gewalttätig, möchte aber mit allem, was ihm möglich ist, dagegen ankämpfen, um die Beziehung zu retten, besteht auch die Möglichkeit einer Psychotherapie für deinen Partner.
Auch hierzu biete ich dir eine ausführlichere Beratung gern an, wenn du mich zwecks Terminvereinbarung kontaktieren möchtest.
Wie es mit der Klientin aus meinem Beispiel weiterging

Nach der ersten Beratung haben wir über einige Monate hinweg intensiv an Lösungen gearbeitet. Wir haben wieder Kontakte zur Familie hergestellt und Schritt für Schritt das selbstbestimmte Leben nach einer Trennung geplant. Dazu gehörte natürlich auch die Planung der Trennung selbst. So haben wir mit der Familie einen Tag vereinbart, an dem die Trennung stattfinden würde. Meine Klientin hat an diesem Tag gemeinsam mit ihrem Bruder ihre Sachen gepackt und hat die Wohnung verlassen. Ihrem Partner, der auf der Arbeit war, hatte sie einen Brief hinterlegt, in dem sie ihm die Trennung mitteilte. Im Anschluss zog sie zunächst bei ihrem Bruder ein, um einige Wochen später ihre neue, eigene Wohnung zu beziehen und in ihr neues, freieres Leben zu starten.
Diese Monate haben meiner Klientin viel Kraft abverlangt, denn sie musste sich zu Hause normal verhalten und durfte sich nichts anmerken lassen. Sie hatte schlicht Angst, dass ihr Partner sehr wütend werden könnte, wenn er erführe, dass sie sich trennen wollte. Aber letzten Endes hat sie es geschafft und wenn wir uns heute manchmal sehen, habe ich das Gefühl eine völlig andere Frau vor mir stehen zu haben. Dafür haben sich der Kraftakt und die intensive Planung in jedem Fall gelohnt.
Die Quintessenz – wenn der Partner nicht mehr krank macht, weil du es nicht zulässt

Toxische Beziehungen können eine enorme Belastung in deinem Alltag darstellen, aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dir helfen zu lassen oder dir Unterstützung zu holen. Meist ist man bereits an einem Punkt, an dem es nicht mehr wesentlich schlimmer werden kann, so dass du nichts zu verlieren hast. Also versuch, den Mut zu fassen, etwas zu verändern. Eine Veränderung ist zwar immer auch ein Prozess mit offenem Ausgang, aber letztlich kannst du nur gewinnen. Also trau dich – du kannst das!