Zugegeben – die Frage klingt ungewöhnlich. Aber ich kam auf die Idee, diesen Artikel zu schreiben, weil ich bei meiner Arbeit häufig mit genau dieser Frage konfrontiert werde: „Wie äußert sich denn bitte Eifersucht bei Kindern – kennen die das überhaupt schon so wie wir Erwachsenen?“ Auslöser für diese Frage sind nicht selten massive Probleme mit dem eigenen Kind. In meinen Beratungsgesprächen mit Eltern stellt sich immer wieder heraus, dass Eifersucht den Kern des Problems darstellt.
Kinder kennen Eifersucht also nur zu gut. Der Unterschied zu uns Erwachsenen ist jedoch die Art, wie sie sich äußert. Kinder sind sich der Eifersucht in der Regel noch nicht so bewusst, wie wir es als Erwachsene sind. Dementsprechend reagieren sie in gewisser Weise verschlüsselter als wir es vielleicht gewohnt sind. Wie sich Eifersucht bei Kindern äußert und wo mögliche Ursachen und damit verbundene Lösungsmöglichkeiten liegen können, erkläre ich dir in diesem Artikel.
Was ist Eifersucht überhaupt und was bedeutet sie für Kinder?

Eifersucht haben wir sicherlich alle schon erlebt. In der Regel ist dieses Gefühl jedem vertraut, der schon einmal einen Menschen sehr geliebt hat. Denn mit Liebe einhergehend entsteht oft auch Angst vor Verlust. Bei Erwachsenen bezieht sich diese Verlustangst häufig auf unseren Lebenspartner oder auf die eigenen Kinder.
Bei Kindern hat die Eifersucht häufig noch eine andere Qualität, weil eine gewisse Abhängigkeit von den Bezugspersonen besteht. Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen sind in den Augen von Kindern unerlässlich, um im Alltag bestehen zu können. Die Grundbedürfnisse eines Kindes werden in der Regel durch die Eltern erfüllt. Besteht aus Sicht des Kindes die Gefahr eines Verlusts seiner „Versorger“, besteht gleichzeitig auch eine Gefahr für seine eigene Existenz.
Vor diesem Hintergrund lässt sich leicht erahnen, um wie viel dramatischer sich Eifersucht für ein Kind anfühlt. Ein Kind, das fürchten muss, seine Bezugspersonen an jemand anderen zu verlieren, kann dementsprechend heftig reagieren. An seiner Stelle würden wir das auch tun.
Anzeichen von Eifersucht bei Kindern

Beginnen wir zunächst mit möglichen Reaktionen, die Kinder zeigen, wenn sie eifersüchtig sind. Kinder reagieren teilweise völlig anders, als wir es erwarten würden. Während wir unseren Partner vielleicht vorwurfsvoll fragen, wo er den ganzen Abend war, beginnt ein Kind, sich von dir zu distanzieren. Dabei verliert es natürlich kein Wort darüber, warum es das tut. Das hat einen guten Grund: Es ist sich gar nicht darüber bewusst, dass es eifersüchtig ist.
Grob lassen sich drei verschiedene Verhaltensweisen unterscheiden. Zum einen gibt es Kinder, die sich mehr und mehr von ihren Bezugspersonen entfernen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie mit jemandem konkurrieren müssen. Zum anderen ist auch das genau Gegenteil möglich – das Kind klammert übermäßig an seiner Bezugsperson und reagiert aggressiv auf den Konkurrenten. Die letzte Variante sind verschiedene Verhaltensauffälligkeiten, die dein Kind plötzlich zeigt und die zunächst überhaupt nicht auf ein Beziehungsthema schließen lassen.
Wenn sich Eifersucht bei Kindern wie bei rebellierenden Teenagern äußert

Normalerweise neigen Teenager im Laufe ihrer Pubertät dazu, sich von ihren Eltern zu distanzieren. Zeigt allerdings ein deutlich jüngeres Kind solche Züge, kann durchaus Eifersucht dahinterstecken.
Ein solches Verhalten impliziert eine gewisse Resignation. Wir dürfen nicht vergessen, dass gerade die Bezugspersonen für das Kind existenziell wichtig sind. Es handelt sich hier um Instinkte, die in jedem Lebewesen angelegt sind und das Überleben sichern sollen. Ohne schützende Bezugspersonen ist ein Kind nicht überlebensfähig. So gesehen ist die Eifersucht auf scheinbare Konkurrenten überlebenswichtig. Zieht sich das Kind von seinen Bezugspersonen zurück, nimmt es quasi die befürchtete Trennung von der Bezugsperson vorweg. Es resigniert, weil es davon ausgeht, dass es gegen den Konkurrenten ohnehin nicht bestehen kann.
Insgesamt ist diese Art der Verarbeitung von Eifersucht tatsächlich die alarmierendste. Bedeutet sie doch, dass das Kind massiv in seinem Selbstwertgefühl gestört ist und glaubt, keine so wichtige Rolle für die Bezugsperson zu spielen. Kinder in solchen Situationen glauben schlicht nicht, dass sie genug wert sind, als dass sie auch neben anderen Menschen einen gleichwertigen Platz im Herzen der Bezugsperson haben können.
Wenn das Kind plötzlich beginnt, zu klammern

Je älter dein Kind wird, desto mehr entdeckt es die Welt um sich herum. Wenn du das Gefühl hast, dass es dabei plötzlich Rückschritte macht und immer häufiger in deiner Nähe sein muss, um sich wohlzufühlen, ist Eifersucht ein möglicher Grund für dieses Verhalten.
Das Erkunden der Welt wird auch Explorationsverhalten genannt. Normalerweise sind Kinder, die eine sichere Bindung zu ihren Eltern aufgebaut haben, mit zunehmendem Alter immer interessierter an ihrer Umwelt. Aus Sicht des Kindes gehört Mut und Vertrauen dazu, sich von Mutter oder Vater zu entfernen. Dahinter steckt das Prinzip der Objektkonstanz – das Kind hat gelernt, dass die Bezugsperson nicht weg ist, nur weil sie beispielsweise gerade nicht im Sichtfeld ist. Diese Erkenntnis kann sich jedoch nur einstellen, wenn eine sichere Bindung zur Bezugsperson vorhanden ist. Ist die Bindung unsicher, vertraut das Kind nicht darauf, dass Mutter oder Vater in der Nähe bleiben. In diesem Fall gehen einige Kinder auf Nummer sicher und beginnen, an der Bezugsperson zu klammern.
Ähnliches lässt sich auf Eifersucht übertragen. Ist sich das Kind unsicher, ob sich sein Stellenwert gegenüber der Bezugsperson verändert hat, sucht es unter Umständen verstärkt die Rückversicherung.
Verhaltensauffälligkeiten unterschiedlicher Art als Hinweis auf mögliche Eifersucht bei Kindern

Zuletzt gibt es noch den weiten Bereich von Verhaltensauffälligkeiten, die ein Kind plötzlich zeigen kann. Häufig benennen die Eltern dann Verhaltensweisen, die sie zuvor noch nie bei ihrem Kind bemerkt haben.
So beginnen Kinder plötzlich zu stehlen oder sehr aggressiv zu werden. Andere werden in der Schule plötzlich schlechter, obwohl sie vorher regelrechte Musterschüler waren. Auch das Grundbedürfnisse wie beispielsweise das Essen können plötzlich ein Thema werden. Einige Kinder verweigern regelmäßige Nahrungsaufnahme oder essen plötzlich übermäßig viel. Auch nächtliches Einnässen kann auf eine gestörte Beziehung zu den Eltern hinweisen.
Die Liste der möglichen Auffälligkeiten ließe sich noch beliebig erweitern. Wichtig ist jedoch, im Hinterkopf zu haben, dass jedes einzelne Anzeichen auch in anderen Zusammenhängen auftreten kann. Es ist also nicht so, dass ein Kind, das plötzlich nicht mehr genug isst, ein Problem mit Eifersucht hat. Wenn du aber ohnehin schon den Verdacht hast, dass eure Beziehung zueinander aus irgendeinem Grund als problematisch wahrgenommen wird, solltest du auf diese Hinweise achten.
Mögliche Ursachen für Eifersucht bei Kindern und was du dagegen tun kannst
Nachdem wir nun wissen, wie sich Eifersucht bei Kindern äußert beziehungsweise äußern kann, schauen wir uns nun mögliche Ursachen an. Wie ich eingangs schon geschrieben habe, hat Konkurrenz für ein Kind immer auch eine existenzielle Komponente. In den meisten Fällen bezieht sich die Eifersucht daher auch auf den familiären Bereich.
Eifersucht auf Geschwister – wenn das Geschwisterkind zum Rivalen wird

Geschwister empfinden häufig Eifersucht aufeinander. Es gibt Tage, an denen sie sich nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen. In aller Regel ist das vorübergehend und legt sich auch wieder. Manchmal eskaliert die Rivalität untereinander aber auch und endet in gewaltvollen Auseinandersetzungen. Wenn das über einen längeren Zeitraum beobachtet werden kann, kannst du davon ausgehen, dass die Kinder untereinander um deine Aufmerksamkeit und Fürsorge kämpfen.
Was du jetzt tun kannst
In solchen Fällen ist es absolut wichtig, dass du immer wieder deutlich machst, dass du alle deine Kinder gleichermaßen liebst. Der Versuch, alle spürbar gleich zu behandeln, wird zwar irgendwann Erfolge zeigen, ist jedoch nichts, was sofort hilft. Deshalb brauchst du weitere Maßnahmen.
Ziehe Grenzen und mache deutlich, dass du nicht tolerierst, wenn mit Gewalt untereinander reagiert wird. Es ist jedoch wichtig, deinen Kindern neben der Grenze auch eine Alternative anzubieten. Diese Alternative ist Kommunikation. Schaffe eine Rahmen, in dem deine Kinder regelmäßig die Möglichkeit haben, frustrierende Erlebnisse anzusprechen und zu lösen. Dafür ist es notwendig, auch selbst Kritik deiner Kinder annehmen zu können, denn die wird kommen.

Eine Möglichkeit für diese Gespräche sind wöchentliche Familienkonferenzen. Die Termine sollten fest und verlässlich sein, so dass sich die Kinder darauf einstellen können. Der Ablauf der Konferenzen sollte ebenfalls immer gleich sein. Eine gute Möglichkeit der Organisation und eine genauere Erklärung kannst du dir hier anschauen. Der generelle Vorteil eines solchen Familienrates ist, dass ihr letztlich nicht nur Probleme besprechen könnt, sondern einfach alles, was in der Familie aktuell wichtig ist.
Solltest du eine passgenaue und individuelle Beratung für dein Problem benötigen, kannst du mich natürlich auch gern ansprechen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, auf Eifersucht unter Geschwistern zu reagieren. Und oft ist auch einfach wichtig, sich ein Bild von den familiären Strukturen zu machen. Insofern sind Ratschläge wie die der Familienkonferenzen nicht immer pauschal auf jede Familie anwendbar.
Eifersucht auf den neuen Lebenspartner
Viele Familien und damit auch Kinder sind mittlerweile von Scheidungen und Trennungen betroffen. Kommt dann irgendwann ein neuer Lebenspartner ins Spiel, kann das erst einmal zu Konflikten und zu Eifersucht führen. Dabei ist es egal, wie genau sich die Eifersucht bei Kindern dann äußert – Fakt ist, dass sie da ist und dass es ein relativ normaler Vorgang ist.

Was helfen kann
Im Grunde kann ich dir nur zwei Ratschläge geben – Geduld und Respekt. Viel mehr gibt es in den meisten Fällen tatsächlich nicht zu beachten. Und so simpel sich diese zwei Dinge anhören, so schwer sind sie manchmal umzusetzen.
Geduld, weil das Kind Zeit brauchen wird, um sich an den neuen Partner zu gewöhnen. Verbringt schöne Stunden miteinander, überfrachte dein Kind aber nicht direkt mit Kontakten. Beobachte immer, ob sich dein Kind dabei wohl fühlt und bleib im Gespräch. Es wäre nicht ratsam, nach zwei Wochen direkt erst einmal gemeinsam in den Urlaub zu fahren. Jetzt wirst du vermutlich den Kopf schütteln, aber ich habe solche Ideen schon gehört.
Respekt deshalb, weil du dein Kind auf Augenhöhe behandeln solltest. Dein Kind wohnt beispielsweise genauso in deiner Wohnung wie du. Also hat es auch Mitspracherecht, wenn es irgendwann einmal darum geht, ob der neue Partner bei euch übernachtet oder gar einzieht. Das ist für manche Eltern schwer umzusetzen, weil sie das Gefühl haben, ihr Kind sei einfach aus Prinzip gegen den neuen Partner. Oft genug ist das aber gar nicht der Fall – vielmehr geht darum, dass das Kind sich übergangen fühlt und deshalb eine ablehnende Haltung einnimmt.
Wenn du hierzu weitere Beratung benötigst, schreibe mir gern über mein Kontaktformular.
Wie du reagieren kannst, wenn dein Kind Eifersucht in Bezug auf seine Freunde äußert

Natürlich kann sich auch außerfamiliär Eifersucht bei Kindern einstellen. Meist betrifft das dann den Freundeskreis. Dabei darfst du jedoch nicht vergessen, dass Streitigkeiten und auch Eifersucht normales Verhalten unter Kindern sind. Immer vorausgesetzt, dass ein gesundes Maß nicht überschritten wird und das Kind über lange Zeiträume spürbar darunter leidet. In aller Regel ist es jedoch so, dass Kindern ihr Sozialverhalten im Umgang mit Freunden trainieren. Richtig streiten will ebenso gelernt sein wie der Umgang mit Freundschaften. Wenn dann jemand neues in den Freundeskreis eintritt, kann das auch mal zu Verwerfungen untereinander führen. Kinder sind aber meist gut in der Lage, diese Konflikte zu lösen, so dass ein Eingreifen seitens der Eltern nur erforderlich ist, wenn sich die Situation über längere Zeit nicht löst.
Wenn ein Eingreifen deinerseits notwendig ist (beispielsweise bei Mobbing und Ausgrenzung), rate ich immer dazu, alle Beteiligten, die mit dem Kind arbeiten, mit ins Boot zu holen. In der Schule wären das die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer und bei Bedarf auch die Schulleitung und die Sozialarbeit. Im Kindergarten würde ich dazu raten, das Gespräch mit den Erziehern zu suchen. Gemeinsam lassen sich so relativ leicht Lösungsmöglichkeiten erarbeiten, die schnelle Entlastung für dein Kind bedeuten.
Auch ein Gespräch mit den Eltern der anderen Kinder ist natürlich möglich, meiner Erfahrung nach jedoch leider zu selten wirklich zielführend. Die Gefahr, dass dein Kind beim nächsten Mal nichts mehr von seinen Problemen erzählt, weil es noch mehr Ärger mit den ehemaligen Freunden hat, wäre mir persönlich zu groß.
Fazit
Ich hoffe, ich konnte dir deine Frage, wie sich Eifersucht bei Kindern äußert und was du dagegen unternehmen kannst, beantworten. Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, gibt es gerade bei der Suche nach Lösungen keine pauschalen Antworten. Manchmal ist eine individuelle Beratung einfach unumgänglich. Wenn du dafür meine Hilfe in Anspruch nehmen möchtest, schreib mir eine kurze Problembeschreibung über mein Kontaktformular und ich werde mich zeitnah mit dir in Verbindung setzen.