Als ich die erste Panikattacke meines Lebens hatte, tauchte schnell die Frage auf: „Wieso bekommt man Panikattacken überhaupt? Wieso bekomme ich das – ich hatte doch sowas noch nie?“ Meine erste Reaktion war eine regelrechte Ungläubigkeit. Ich war mir sicher, dass meine Ärzte irgendetwas übersehen haben mussten, da ich mir die Frage nach dem „Warum?“ einfach nicht erklären konnte. Im Laufe der Jahre lernte ich, dass es nicht zwingend einen Grund geben muss, es aber durchaus begünstigende Faktoren gibt, um Panikattacken zu entwickeln.
Aber diese Gedankengänge, die mich damals umgetrieben haben, höre ich heute in Beratungen ebenfalls von vielen Betroffenen. Teilweise hört es sich so an, als könnte es auch ich sein, die davon spricht – so ähnlich sind sich die Aussagen und Fragen, die aufkommen. Daher möchte ich der Frage, wieso man Panikattacken bekommt, einen eigenen Artikel widmen.
Kann jeder Panikattacken bekommen?
Leider ja. Panikattacken sind keine Seltenheit. Es gibt viele Menschen, die im Laufe ihres Lebens schon mindestens eine Panikattacke erlebt haben. Sie machen vor niemandem Halt und sie halten sich an keine Regeln. Es kann dir richtig gut gehen, und trotzdem wirst du nachts wach und denkst, du stirbst gleich an einem Herzanfall. Oder du läufst durch die volle Fußgängerzone und auf einmal ist die Panik dein ungebetener Begleiter. Es kann dir zum ersten oder zum hundertsten Mal passieren. Panikattacken sind leider nicht sonderlich wählerisch in der Wahl ihrer Opfer.
Du bist nicht allein damit

Das Problem ist nur, dass das Thema noch immer tabuisiert wird und es uns deshalb oft so vorkommt, als seien wir einer von ganz wenig Betroffenen. Gerade in unserer heutigen Welt, die geprägt ist von Instagram und perfekten, glücklichen Leben, fühlen wir uns schnell als Versager, wenn wir nicht so funktionieren, wie wir es sollten. Oder wie wir glauben, dass wir funktionieren sollten. Aber eine Panikattacke oder eine Panikstörung hängt nicht damit zusammen, ob wir stark oder nicht stark sind. Die Gründe, wieso man Panikattacken bekommt, haben nichts mit der Funktionalität deiner Person zu tun.
Wieso bekommt man denn dann Panikattacken, wenn es nicht an der inneren Stärke liegt?
Panikattacken sind zuallererst eine körperliche Erscheinung einer Dysbalance, denn sie äußert sich zunächst auch nur körperlich. Erst die Art unseres Umgangs damit macht sie dann auch zu einer seelischen Problematik. So sind beispielsweise Adrenalin und Cortisol Botenstoffe unseres Körpers, die Panikattacken auslösen können. Aber auch Störungen der Schilddrüse oder der Nebennieren können zu Angstanfällen führen. Nicht zuletzt kann auch das Herz selbst ein Problem haben. Deshalb ist beim Auftreten der ersten Panikattacke ein Arztbesuch schon wichtig. Organische Ursachen sollten ausgeschlossen werden.

Organische Ursachen ausgeschlossen – und jetzt?
Wurden die möglichen organischen Auslöser gecheckt, geht die Suche nach dem „Weshalb?“ weiter. Stress kann ein Auslöser für Panikattacken sein. Denn Stress lässt Cortisol und Adrenalin in die Höhe schießen. Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass Menschen mit schwachem Kreislauf Adrenalin verabreicht wird, um die Herztätigkeit wieder anzuregen. Haben wir zu viel Adrenalin im Körper, hat das denselben Effekt: Es regt die Herztätigkeit an. Nur, dass wir ja gar keinen schwachen Kreislauf haben. Das Herz gibt also Vollgas und wir verspüren Herzrasen, Zittern und Schwitzen.
Ein weiterer möglicher Faktor kann eine Störung der Serotonin-Verarbeitung deines Gehirns sein. Diese Erkenntnis ist erst in den vergangenen Jahren deutlicher in den Fokus der Forschung gerückt. Wenn du dazu mehr erfahren möchtest, empfehle ich dir diesen Artikel. Auch hier liegt wieder ein biochemischer Prozess zu Grunde, der sich erst einmal auf körperliche Erscheinungen reduziert.
Die Antwort, wieso man Panikattacken bekommt, liegt in unserer eigenen Bewertung der Situation

Diese Erscheinungen sind zunächst rein körperlich. Aber unser Gehirn verknüpft mit Herzrasen, Zittern und Schwitzen Gefahr. Und Gefahr wiederum führt zu Angst. Eigentlich sinnvoll, denn vor vielen Jahrtausenden hat diese Angst unsere Chance, zu überleben, deutlich erhöht. Nur gibt es eben in unserem Fall keinen Löwen, der uns durch die Savanne jagt. Es gibt keinen Grund für die Angst und dennoch bewerten wir es so, als gäbe es diesen Grund.
Das heißt, dass die Frage, wieso man Panikattacken bekommt, zweigeteilt beantwortet werden muss. Zum einen gibt es einen körperlichen Reiz, der entweder organische oder stressbedingte Ursachen hat. Dabei ist die Panik aber noch gar nicht mit an Bord.
Erst im zweiten Teil der Erklärung kommen wir zu dem Gefühl der Angst und Panik. Wenn wir Sport machen, rast unser Herz auch, aber es macht uns keine Angst. Weil wir die Situation nicht als gefährlich bewerten. Wir kennen die Ursache für das Herzrasen und denken nicht weiter darüber nach. Wachen wir jedoch nachts mit Herzrasen auf, gibt es dafür keine Erklärung, die auf der Hand liegt. Ganz schnell geraten wir dann in Panik, weil wir die Situation plötzlich völlig anders bewerten. Hätten wir also keine Angst in dieser Situation, wäre alles halb so schlimm. Leider gelingt das gerade zu Beginn eher selten.
Aber wieso bekommt man Panikattacken überhaupt in Ruhe, wo doch kein Adrenalin produziert wird?
Ganz einfach: Weil Adrenalin nicht einfach abgebaut oder ausgeschieden werden kann, wenn zu viel davon im Körper ist. Adrenalin baut sich nur über körperliche Belastung ab. Das heißt, dass du nach stressigen Phasen irgendwann einen ganzen Vorrat in deinem Körper hast. Der weiß nicht, wohin er damit noch soll und lässt dein Herz rasen, damit das Adrenalin verbraucht wird. Das heißt, du könntest auch schon eine Woche Urlaub haben – wenn du dich in dieser Zeit körperlich wenig betätigt hast, läuft das „Adrenalin-Fass“ irgendwann über und du merkst es in Form von Herzrasen.
Die Angst vor der Angst
Nun könnte man annehmen, dass diese Form des Abbaus von Adrenalin ja eigentlich kein Problem ist. Je nach deiner Bewertung ist das auch so. Allzu oft gelingt uns diese Art der Bewertung aber nicht. Herzrasen ohne erkennbaren Grund macht Angst und Angst ist ein verdammt unangenehmes Gefühl. In Kombination mit Symptomen, die genauso unangenehm sind, ist das nicht unbedingt etwas, was man häufiger haben müsste. Wir entwickeln also Angst davor, dass eine solche Situation wieder auftreten könnte. Wir beginnen, Dinge zu meiden, die wir für Auslöser halten und steigern uns so nach und nach in eine Angst vor der Angst hinein. Diese Angst vor der Angst ist irgendwann fast schlimmer als die Panikattacke an sich.
Die Spirale dreht sich schneller und die Antwort, warum man Panikattacken bekommt, liegt auf der Hand

Wir geraten dadurch in eine Angstspirale, die sich schneller und schneller dreht und irgendwann kaum noch aufzuhalten ist. In den meisten Fällen ist die Angst vor der Angst der Grund, wieso man immer wieder Panikattacken bekommt. Das Wissen über die körperlichen Abläufe kann dabei sehr hilfreich sein, denn wenn dir der wahre Grund für deine Panikattacken bekannt ist, kannst du besser gegensteuern.
Fazit
Die reinen körperlichen Symptome können also jederzeit in stressigen Phasen auftreten, aber das allein ist noch keine Panikattacke. Denn wie das Wort schon sagt, gehört zu einer Panikattacke auch die Panik. Und die entsteht durch unser inneres Bewertungssystem. Du solltest also nicht zu viel in dich hineinhören und auf Spurensuche gehen, denn häufig gibt es gar keinen äußeren Auslöser. Du findest die Antwort nach dem „Warum?“ also bei dir selbst und deinem Umgang mit den Symptomen von zu viel Adrenalin im Körper.
Wenn du mehr über die Gründe für Panikattacken wissen möchtest oder eine Beratung benötigst, wende dich gern über mein Kontaktformular an mich. Ich melde mich dann schnellstmöglich bei dir, um einen Termin abzustimmen.